
LMU-Physiker Tim Liedl ist Professor für Experimentalphysik und Mitglied der Exzellenzcluster e-conversion und BiosysteM. (Foto: Stephan Höck/LMU)
Der LMU-Physiker Professor Tim Liedl, der Biochemiker Professor Roland Beckmann und der Meteorologe Professor Fabian Hoffmann haben an der LMU in Kooperation mit internationalen Forschungsteams jeweils einen Synergy Grant eingeworben – eine der angesehensten Auszeichnungen des Europäischen Forschungsrats (ERC). Mit den hochkompetitiven Synergy Grants fördert der ERC Projekte, die nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von zwei bis vier Teams von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu bewältigen sind und zu „Fortschritten an der Grenze des Wissens“ führen. Die Fördersumme pro Projekt beträgt bis zu 14 Millionen Euro für eine Laufzeit von bis zu sechs Jahren. „Ich freue mich außerordentlich über den Erfolg unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit ERC Synergy Grants ausgezeichnet wurden. Dies ist eine eindrucksvolle Bestätigung der wissenschaftlichen Exzellenz unserer Forschenden und der innovativen Kraft unserer Universität“, sagt Matthias Tschöp, Präsident der LMU.
Mit DNA zur nächsten Technologiegeneration
Der Bau von Nanomaschinen, also winziger Geräte, die Atom für Atom aufgebaut werden, war lange Zeit Stoff für Science-Fiction-Geschichten. Der mit rund 9 Millionen Euro geförderte neue ERC Synergy Grant DNA4RENOMS (DNA for Reconfigurable Nano-Opto-Mechanical Systems), der an die Professoren Jeremy Baumberg (Universität Cambridge), Tim Liedl (LMU München) und Peer Fischer (Universität Heidelberg) vergeben wurde, soll dies nun Wirklichkeit werden lassen. Moderne Technologien wie Smartphones, Projektoren, Beschleunigungssensoren oder medizinische Implantate basieren auf mikro- und nanoelektromechanischen Systemen (MEMS und NEMS). Dabei handelt es sich um mikroskopisch kleine Maschinen, die in Siliziumchips eingraviert sind und Bewegungen erfassen, Tinte ausstoßen oder Licht in optischen Geräten lenken können. Trotz ihres Erfolgs ist ihre Herstellung nach wie vor teuer und mit hohem Material- und Energieverbrauch verbunden. Zudem stößt ihre weitere Miniaturisierung mit herkömmlichen Produktionsmethoden an ihre Grenzen.
Das neue Projekt verfolgt daher einen radikal anderen Ansatz. Anstatt Silizium wie ein Steinmetz Schicht für Schicht abzutragen, wird das Team seine Nanomaschinen von der molekularen Ebene aus aufbauen. Die Forscher werden die selbstorganisierenden Eigenschaften der DNA nutzen – desselben Moleküls, das genetische Informationen kodiert –, um so rekonfigurierbare nano-opto-mechanische Systeme (NOMS) zu schaffen. Durch die Kombination dieser DNA-Gerüste mit optischer Steuerung will das Team Geräte bauen, die sich auf der Nanoskala bewegen, wahrnehmen und reagieren. „Im Wesentlichen werden wir DNA mit Lasern zupfen – und ihrem Knacken lauschen“, sagt LMU-Physiker Tim Liedl, Mitglied der Exzellenzcluster e-conversion und BiosysteM. Diese optisch gesteuerten Nanomaschinen könnten die Grundlage für eine neue Klasse von Sensoren, mechanischen Verstärkern und sogar künstlichen Muskeln bilden. Sie könnten in der Medizin, Robotik und nachhaltigen Fertigung zum Einsatz kommen. Da DNA-Strukturen zerlegt und wieder aufgebaut werden können, verspricht dieser Ansatz auch ein neues Modell für atomar effiziente, recycelbare Nanotechnologie – ein entscheidender Schritt hin zu nachhaltigeren Materialien und Geräten. „Es geht nicht nur darum, etwas Kleines herzustellen”, sagt Liedl. „Es geht darum, eine völlig neue Art der Maschinenherstellung zu erfinden – eine, die die Natur selbst gutheißen würde.“ Der ERC Synergy Grant bietet langfristige Unterstützung für diese ehrgeizige Zusammenarbeit, die Fachwissen aus den Bereichen DNA-Assemblierung, optische Manipulation und Nanomechanik vereint.
Weitere LMU-Forschende ausgezeichnet
Das ERC fördert zwei weitere LMU-Forschende mit den hochdotierten Syngery Grants: Roland Beckmann, Biochemie-Professor und Mitglied der Exzellenzcluster NUCLEATE und BioSysteM, erforscht Ribosomen – die Proteinfabriken der Zelle – und wie sie Gesundheit und Krankheit beeinflussen. Sein Team hat eine bislang unterschätzte Klasse von snoRNPs entdeckt, die eine entscheidende Rolle beim Aufbau neuer Ribosomen spielt. Im internationalen Forschungsverbund snoOPERA (Beyond Modification: Defining Hidden Roles of snoRNPs in Ribosome Assembly) sollen diese Faktoren strukturell und funktionell umfassend untersucht werden, um besser zu verstehen, wie sie den Ribosomenaufbau steuern und welche Bedeutung sie für die menschliche Gesundheit und Erkrankungen haben.
Zudem warb Prof. Fabian Hoffmann, der bis September 2025 eine Emmy-Noether-Nachwuchsforschungsgruppe am Meteorologischen Institut der LMU leitete, einen ERC Synergy Grant für sein Projekt TurPhyCloud (The role of Turbulence in the Physics of Clouds) ein. Der Atmosphärenwissenschaftler ist jetzt an der Freien Universität Berlin möchte herausfinden wie Wolken – insbesondere Stratocumuli – auf den Klimawandel reagieren. Das Projekt verbindet hochauflösende Feldmessungen mit neuen Simulationsansätzen, um turbulente Prozesse in Wolken präziser zu modellieren. Ziel ist es, Wetter- und Klimamodelle deutlich zu verbessern und damit verlässlichere Vorhersagen zum künftigen Klimaverlauf zu ermöglichen.
Originalartikel: https://www.lmu.de/de/newsroom/newsuebersicht/news/erc-synergy-grants-grosser-erfolg-fuer-lmu-forschende.html