Höhere Energiedichten, mehr Sicherheit und eine längere Lebensdauer – das versprechen Feststoffbatterien. Sie gelten als einer der vielversprechendsten Ansätze, um Elektromobilität und Energiespeicherung der Zukunft auf ein völlig neues Niveau zu heben. Doch bis zur breiten Anwendung ist es noch ein weiter Weg. Im Interview erklärt Dr. Andreas Weis, Co-Founder und CTO des Münchner Startups Qkera, warum deren Entwicklung oxidkeramischer Festelektrolyte ein entscheidender Baustein sein könnte, um die Technologie nicht nur schneller, sondern auch zuverlässiger zur Marktreife zu bringen.

Dr. Andreas Weis, Co-Founder und CTO des Münchner Startups Qkera. (Foto: Paul Günther)

Was war die Initialzündung dafür, das Startup Qkera gemeinsam mit Prof. Jennifer L. M. Rupp zu gründen?

Man kann schon sagen, dass es Qkera wegen e-conversion gibt. Der Schlüsselmoment war ein Vortrag, den
Jennifer in München gehalten hat, nachdem sie gerade an die TU München berufen worden war. Ich habe an meiner Doktorarbeit bei Prof. Thomas Bein an der LMU München gearbeitet. Thematisch habe ich mich in meiner Promotion mit der Nanostrukturierung von Dünnschichtfilmen befasst und damit, wie man sie kostengünstig aus Lösungen abscheiden kann. Jennifer nutzt zur Filmbildung einen Sprühprozess. Während eines mehrmonatigen Aufenthalts in ihrer Forschungsgruppe habe ich über dieses Verfahren viel gelernt. Als Team haben wir uns über die Forschungsmethoden und ihre Synergien gefunden, mit dem Ziel, keramische Filme nanostrukturiert im Rolle-zu-Rolle-Verfahren abzuscheiden. Mein Doktorvater Thomas Bein hat uns dazu ermutigt, das Startup zu gründen, weil er großes Potenzial in unserer Idee gesehen hat. Die Vernetzung im Exzellenzcluster war also in vielerlei Hinsicht sehr förderlich!

Seit Anfang 2024 gibt es Qkera offiziell. Was sind die Schwerpunkte des Unternehmens?

Als großes Ziel haben wir vor Augen, Feststoffbatterien zum Durchbruch zu verhelfen. Der entscheidende Unterschied zur bislang dominierenden Lithium-Ionen-Batterie ist, dass sie anstatt eines flüssigen einen festen Elektrolyten enthalten. Mit Qkera setzen wir genau hier an: Wir entwickeln Festelektrolyte auf Basis von Oxidkeramiken. Eingesetzt in Batterien könnten sie die Energiedichte um 30 bis 50 Prozent steigern – verglichen mit herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien. Zudem wollen wir ein skalierbares Herstellungsverfahren entwickeln, das mit bestehenden Rolle-zu-Rolle-Prozessen kompatibel ist und so auch entsprechend kostengünstig werden kann.

Was sind die Vorteile von Oxidkeramiken als Festelektrolyte in Batterien?

Ein großer Pluspunkt ist, dass sie sehr robust sind – auch in chemischer Hinsicht. Kaum eine Substanz kann ihnen etwas anhaben. Sie lassen sich im Gegensatz zu Sulfiden, die ebenfalls als Festelektrolyte in Frage kommen, ohne Reinraumbedingungen herstellen. Zudem sind sie sehr hart und können somit die Dendritenbildung, die auch bei Lithium-Ionen-Batterien auftritt, verhindern. Das stellt für neue Konzepte mit reinen Lithium-Anoden einen wichtigen Vorteil dar. Nachteilig ist, dass keramische Materialien spröde sind. Dies versuchen wir durch eine geringe Schichtdicke und eine genau abgestimmte Mikrostruktur, die wir mit unserem Verfahren erreichen, zu kompensieren.

Wie unterscheidet sich Qkeras Technologie von bisherigen Methoden?

Bislang werden Oxidkeramiken in einem Sinterprozess produziert. Das heißt, es braucht hohe Temperaturen und hohe Drücke, um solche Materialien zu erzeugen. Das sind die Hauptkostentreiber für Festelektrolyte. Mit unserem Verfahren sparen wir viel Energie, da es mit wesentlich niedrigeren Temperaturen auskommt. Zudem können wir sehr dünne und homogene Oxidschichten von nur zwei bis zehn Mikrometern Dicke herstellen, also materialsparend arbeiten. Um das zu erreichen, nutzen wir verschiedene gelöste Metallsalze als Vorstufen, sogenannte Precursor, und scheiden sie in einem speziellen Heiz- und Trocknungsprozess auf einem Substrat ab. Das kann ein poröses Glasfaser- oder Keramikgeflecht oder ein Polymerträger sein, um eine flexible Membran zu erhalten. Ein sehr gleichmäßiges und homogenes Kristallwachstum lässt sich durch die präzise Kontrolle von Trocknung und Verdichtung sicherstellen. Das ist das technologische Herzstück von Qkera und Resultat unserer Entwicklungsarbeit im letzten Jahr. Wir sind gut und schnell zu überzeugenden Ergebnissen gekommen – und ein technischer Meilenstein ist auf den anderen gefolgt.

Das klingt vielversprechend. Gibt es bereits Industrieunternehmen, mit denen Sie im Gespräch sind?

Ja, wir sind mit einem großen deutschen Batterie- sowie einem Autohersteller im Gespräch und definieren, wie eine Entwicklungspartnerschaft aussehen könnte. Die Unternehmen sind auf uns aufmerksam geworden, weil wir für unsere innovativen Ansätze bereits einige Preise gewinnen konnten; wir wurden zum Beispiel als eines der 25 besten Science-Startups weltweit beim Falling Walls Science Summit ausgezeichnet. Es ist unglaublich spannend und motivierend zu sehen, dass wir mit unserer Idee richtig liegen und es Interesse an unserer Technologie gibt.

Als Startup durchzustarten ist kein Selbstläufer. Was ist der Erfolgsschlüssel von Qkera?

Wir hatten zunächst das Glück, früh ein sehr gutes Team zu haben – und Business Angels aus unserem Bereich mit entsprechend hoher Expertise, die an uns glauben. Dann hat die TU München eine einzigartige Infrastruktur für Entrepreneurs: Wir sind bei UnternehmerTUM alle Schritte durchgegangen, was sehr wertvoll war. Besonders den XPRENEURS-Inkubator haben wir als extrem hilfreich empfunden und das Netzwerk, das wir zu anderen Startups darüber knüpfen konnten. Man profitiert so von einem großen Wissensschatz – sei es hinsichtlich der Gesprächsführung mit Investoren über die Zuwendungsoptionen öffentlicher Gelder bis hin zum Patentrecht. Zudem haben uns die TUM Venture Labs mit den Laborflächen einen Entwicklungsschub gegeben. Deswegen wollen wir auch weiter in Flächen dort investieren.

Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie Qkera in fünf Jahren?

Das ist eine spannende Frage. Ich bin von der Festkörperbatterie überzeugt und denke, dass sie ein unglaublich großes Potenzial hat. Es wäre ein Traum, wenn wir in Europa eine Batterie bauen könnten, die kompetitiv mit asiatischen Konzepten ist. Aber ich bin auch realistisch: Wir entwickeln aus der Forschung heraus. Es ist eine wahnsinnig komplexe Herausforderung und sicherlich noch ein weiter Weg. Allerdings haben wir bereits wichtige Meilensteine erreicht – sei es mit Kunden wie auch im Labor. Was mich sehr optimistisch stimmt, ist der Skalierungsprozess. Wir haben angefangen mit Filmen von einem Quadratzentimeter Fläche und haben in unter einem Jahr die Fläche schon jetzt mehr als verzwanzigfacht! Damit ist tatsächlich eines der größten Probleme dieser Materialklasse für die industrielle Anwendung gelöst.

Festkörperbatterien neu gedacht: Das Team von Qkera stellt oxidkeramische Festelektrolyte her, die sich mit industriellen Verfahren verarbeiten lassen (von links: Steffen Weinmann, Lea Schulz, Dr. Andreas Weis, Marcel Arnold, Prof. Jennifer Rupp). Foto: Lisa Winkler

Qkera: Batterien der nächsten Generation

Das Münchner Startup Qkera, 2024 gegründet von Prof. Dr. Jennifer L. M.
Rupp und Dr. Andreas Weis, entwickelt innovative Festelektrolyte auf Basis von Lithium-leitenden Oxidkeramiken. Die Materialien sind nicht entflammbar, kommen ohne seltene Erden aus und ermöglichen eine bis zu 50 Prozent höhere Energiedichte als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien. Ein zentraler Fokus liegt auf der Skalierbarkeit: Die Herstellung ist mit industriellen Rolle-zu-Rolle-Verfahren kompatibel und energieeffizient. Damit eignet sich die Technologie für Anwendungen in den Bereichen der Elektromobilität, tragbarer Elektronik und stationärer Speicher. Für diesen Ansatz wurde Qkera bereits international ausgezeichnet – unter anderem als eines der weltweit besten wissenschaftlichen Startups beim Falling Walls Summit 2023.

Mehr Infos unter: www.qkera.com