Prof. Jennifer Strunk (Foto: C. Bielke/TUM)

Mit Jennifer Strunk haben die TU München und e-conversion eine Forscherin mit großen Zielen und voller Tatendrang gewonnen: Anfang Mai 2023 übernahm die 43-Jährige die W3-Professur Industrielle Chemie und Heterogene Katalyse und bereichert seitdem mit ihrer Arbeitsgruppe den Forschungscampus Garching. Die Chemikerin ist begeisterte Photokatalyse-Spezialistin, die Kohlendioxid mithilfe von Sonnenlicht in industriell nutzbare Stoffe verwandeln will. Dafür bringt sie viel Erfahrung mit, jede Menge Freude an der Forschung und Engagement, sich wissenschaftlich auszutauschen.

Was möchten Sie mit Ihrer Forschung erreichen?

Die Welt retten – das ist doch klar (lacht). Das ist ein großes Ziel, aber ein Stück weit versuche ich das. Nach der Schule wollte ich einen Beruf lernen, um Müll zu recyceln und so bessere Möglichkeiten zu finden, Abfälle zu verwerten. In der Jobberatung hörte ich dann: Wenn Sie grundlegende, neue Wege finden wollen, dann sollten Sie am besten Chemie studieren. Rückblickend bin ich heute ganz nah an meinem ursprünglichen Wunsch, denn: CO₂ ist ja der ultimative, globale Müll. Es ist zwar ein kleines Molekül, verglichen mit den großen Bergen an Plastikmüll. Aber wenn wir es schaffen, das Klimagas CO₂ sinnvoll umzuwandeln und als Syntheserohstoff nutzbar zu machen, dann wäre das in der Tat die Weltrettung.

Sie sind seit Mitte 2023 an der TU München und haben die W3-Professur Industrielle Chemie und Heterogene Katalyse. Fühlen Sie sich und mit Ihrem Team schon zu Hause am Forschungszentrum Garching?

Auf jeden Fall! Ich habe die Gelegenheit an der besten Universität Deutschlands zu forschen – und bin auch gleich beim Exzellenzcluster e-conversion dabei. Das ist großartig! Dank des Dual-Career-Angebots der TU München hat mein Mann als technischer Mitarbeiter ebenfalls eine Stelle an der Uni bekommen. Wir haben uns gemeinsam mit unserer vierjährigen Tochter bereits gut eingelebt. In meinem Team habe ich bislang drei Doktoranden und einen Postdoc, sowohl Physiker als auch Chemiker. Ich schätze beide Expertisen und Blickwinkel sehr. Für meine Forschungsarbeit bei e-conversion konnte ich bereits interessante Kontakte knüpfen und Kooperationen anbahnen, beispielsweise mit meinen TUM-Kollegen Marc-Georg Willinger, Peter Müller-Buschbaum, Ulrich Heiz und Ian Sharp.

Wie wollen Sie das klimaschädliche Kohlendioxid recyceln?

Es gibt viele Forschungsansätze, die daran arbeiten, eine künstliche Photosynthese zu entwickeln: Mithilfe von Licht soll CO₂ mit Wasser umgesetzt werden – allerdings schneller und effizienter als die natürliche Photosynthese das macht. Und man möchte Substanzen herstellen, die sich als Kraftstoffe oder für industrielle Prozesse eignen, wie beispielsweise Methanol. Damit beschäftige ich mich mit meiner Arbeitsgruppe: Wir forschen an heterogener Katalyse und Photokatalyse. Das Ziel ist es, Licht als Energiequelle zu verwenden, beispielsweise Sonnenlicht oder effiziente LEDs, um mithilfe eines geeigneten Katalysators das Treibhausgas Kohlendioxid in die chemische Produktion zurückzuführen. In unserem Fall arbeiten wir neuerdings auch mit kupferbasierten Katalysatoren.

Was sind die herausfordernden Schrit­te dabei?

Dazu muss man mehr in die Chemie eintauchen. Wir verwenden im Prinzip den gleichen Katalysator wie die Industrie, die allerdings für die Reaktion hohe Drücke benötigt. Ausgehend von Synthesegas, einer Mischung aus Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO₂) und Wasserstoff (H₂), wird aus CO₂ das gewünschte Methanol erzeugt. Um eine gute Ausbeute zu erzielen, braucht es jedoch das Kohlenmonoxid, denn es entfernt die während der Reaktion übrig gebliebenen Sauerstoffatome von der Oberfläche. Wäre das nicht der Fall, käme der Prozess zum Erliegen. Wir wollen eine Lösung finden, um auf hohen Druck und das CO verzichten zu können und nur CO₂ zu nutzen. Dafür wollen wir die Lichtenergie nutzen.

Kurzprofil

Jennifer Strunk erhielt ihr Diplom (2004) und ihren Doktortitel (2008) in Technischer Chemie an der Ruhr-Universität Bochum. Nach einem Postdoc-Aufenthalt (2008–2010) an der University of California in Berkeley, USA, wurde sie Nachwuchsgruppenleiterin an der Ruhr-Universität (2010–2014). Sie war unabhängige Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (2014–2016) und W2-Professorin am Leibniz-Institut für Katalyse an der Universität Rostock (2017–2023). Mitte 2023 erhielt Jennifer Strunk die W3-Professur Industrielle Chemie und Heterogene Katalyse an der TU München.

Mit einer als Durchfluss-Photoreaktor betriebenen Anlage versuchen Jennifer Strunk (hier mit Doktorand Matthias Rehner) und ihr Team, die Reduktion von CO/CO₂ mit Wasserstoff zum Beispiel zu Methanol zu untersuchen. Dazu verwenden sie Metalloxid-Katalysatoren auf Basis von Kupfer oder Indium. Ein LED-Modul dient als in Wellenlänge und Spektrum einstellbare Lichtquelle für den beheizten Quarzglasreaktor. (Foto: C. Bielke)

Wie könnte das funktionieren?

Es gibt erste Hinweise, dass die Bestandteile des Katalysators – Kupfer- und Zinkoxid – mithilfe von Lichtabsorption aus CO₂ das gewünschte Methanol bilden können. Wichtig ist dabei, dass das Kupfer in reduzierter Form vorliegt, also metallisch bleibt. Wir könnten uns vorstellen, dass dies mittels photogenerierter Elektronen geschehen kann. Wir wollen mit unserer Forschung herausfinden, was während der Reaktion mit dem Katalysator passiert, wie die katalytisch aktiven Zentren sich verändern und wie man durch den Einsatz von Licht möglicherweise insgesamt Energie einsparen kann. Wir forschen auch an sogenannten Single-Site-Katalysatoren, weil wir in diesen besser definierten Systemen den Mechanismus und die Kinetik der Umsetzung untersuchen können.

Seit wann beschäftigt Sie die heterogene Katalyse schon?

Ich arbeite tatsächlich schon viele Jahre an diesem Thema: Bereits während meiner Promotion bei Prof. Martin Muhler an der Ruhr-Universität Bochum habe ich mich mit der Synthesegas-Chemie beschäftigt und den Kupfer-Zinkoxid-Katalysator für die Methanolsynthese genauer untersucht. Mit Single-Site-Katalysatoren habe ich mich während meiner Postdoc-Zeit bei Alex Bell in Berkeley, USA, beschäftigt. Auch nach meiner Rückkehr an die Uni Bochum untersuchte ich Single-Site-Katalysatoren. Hier wagte ich dann auch den Sprung in die Photokatalyse. Das war mit einer Nachwuchsgruppe, die ich über eine Fördermaßnahme des BMBF aufbauen konnte. Diesbezüglich war Vanadium sehr interessant: Es verhält sich sowohl in der Photokatalyse als auch in der klassischen Katalyse gleich. Das war für mich ein Meilenstein!

Weshalb ist das von Bedeutung?

Es gibt offensichtlich aktive Zentren, die sich identisch verhalten. Es macht also Sinn, genau solche lichtabsorbierenden Katalysatoren genauer anzuschauen. Wir müssen bei der Photokatalyse nicht zwingend bei Null anfangen, also ganz neue Materialien suchen, sondern können auf Bekanntem aufbauen. Es braucht im Zweifel keine komplett neuen Systeme. Es lohnt sich zu schauen: Welche Katalysatoren verwendet die Industrie und wie lassen sie sich so abwandeln, dass die Nutzung beispielsweise von Sonnenenergie möglich ist und die Prozesse nachhaltiger und klimafreundlicher werden.

Um dann der natürlichen Photosynthese näher zu kommen?

Ganz genau. Es ist eine kniffelige Aufgabe, keine Frage. Aber unser Vorbild in der Natur hat auch Zeit gebraucht, um den lichtgetriebenen Syntheseprozess zu optimieren. Es braucht Ansätze von verschiedenen Forschungsgruppen, wie das ja auch bei e-conversion geschieht, um Wissen zu generieren und darauf aufbauend innovative Lösungen für eine klimaschonende Energiezukunft zu entwickeln. (Author: Caroline Zörlein)

Herzlichen Dank für das interessante und bereichernde Gespräch. Wir wünschen Ihnen alles Gute und viel Erfolg für Ihre Forschung an der TU München und bei e-conversion!