
Auf der Suche nach dem optimalen Katalysator: Prof. Bettina Lotsch diskutiert gemeinsam mit Lars Grunenberg und Julia Kröger (von links) die elektronischen Prozesse, die bei der Wasserspaltung eine Rolle spielen. (Photo: Wolfgang Scheible für MPG)
Für die nachhaltige Produktion von Chemikalien und Brennstoffen wie grünem Wasserstoff benötigt man leistungsfähige Katalysatoren. Besonders vielversprechend sind kovalente organische Gerüstverbindungen, sogenannte COFs. Der Vorteil: Ihre Eigenschaften lassen sich sehr gezielt durch den molekularen Aufbau maßschneidern. „Zudem können sie mit verschiedenen Metallen wie zum Beispiel Cobalt, Eisen oder Zink funktionalisiert und als Elektrokatalysatoren eingesetzt werden“, erklärt Prof. Bettina Lotsch vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart, deren Arbeit vom Exzellenzcluster e-conversion gefördert wird. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen von der Ruhr-Universität Bochum sowie vom Max-Planck-Institut für Nachhaltige Materialien (MPI-NM) konnte die Materialchemikerin nun in einer aktuellen Veröffentlichung zeigen, dass COFs unter realen Reaktionsbedingungen instabiler sind als bisher angenommen, aber dennoch katalytisch aktiv bleiben. Die Ergebnisse veröffentlichten die Forscherteams kürzlich in der Zeitschrift „Advanced Science“.
Organische Ordnungshelfer für Nanopartikel
„Unser Ziel ist es, die aktiven Zentren des COFs im Detail zu untersuchen. Aus diesen Erkenntnissen wollen wir wiederum rückschließen, wie Reaktionsmechanismen effizienter ablaufen, um besser Katalysatoren für die Produktion von grünem Wasserstoff entwickeln zu können “, sagt Lotsch, deren Forschungsteam die Synthese und Charakterisierung der Cobalt-funktionalisierten COFs übernahm. Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Kristina Tschulik von der Ruhr-Universität Bochum untersuchten sie die Sauerstoffentwicklungsreaktion. Diese Teilreaktion tritt in vielen industriell bedeutenden Reaktionen auf – wie der Elektrolyse von Wasser zwecks Wasserstoffgewinnung. Allerdings stellt sie Katalysatoren vor Herausforderungen, weil die Reaktionsbedingungen heftig sind. Die elektrochemischen Untersuchungen mehrerer Cobalt-haltiger COFs zeigten: Die Cobalt-Ionen lösen sich direkt nach Kontakt mit dem alkalischen Medium aus dem Gerüstverbund und verwandeln sich in Cobalt(oxy)hydroxid-Nanopartikel. Letztere agieren dann als katalytisch aktive Spezies. Dies bestätigte eine aufwendige Materialcharakterisierung, die von Elektronenmikroskopie-Experten am MPI-NM um Christina Scheu durchgeführt wurde.
Auf die Bindungs-Balance kommt es an
„Als Elektrochemikerin habe ich mich schon immer ein bisschen gewundert, wie die katalytische Aktivität der COFs eigentlich zustande kommt“, sagt Tschulik. „Nun wissen wir, dass sie eine geeignete Reaktionsumgebung schaffen und die Nanopartikel festhalten. Diese neigen normalerweise dazu zu aggregieren, sodass weniger von ihrer katalytischen Oberfläche zugänglich ist.“ Deswegen kommt den organischen Gerüstverbindungen eine entscheidende Rolle zu. Lotsch fügt hinzu: „Das COF-Gerüst und insbesondere die Bindungsstärke zwischen Cobalt und der organischen Komponente spielt eine wichtige Rolle. Die Bindung sollte stark genug sein, um die Interaktion zwischen Nanopartikel und COF zu gewährleisten, aber gleichzeitig schwach genug, um die notwendige Umwandlung der Cobalt-Ionen in aktive Nanopartikel zu ermöglichen.“
Organische Vorstufe mit Potenzial
Die Autorinnen und Autoren geben in ihrer Publikation auch Anregungen, wie man COFs künftig gezielt herstellen könnte, sodass die Gerüstverbindungen auch unter realen Reaktionsbedingungen stabil und katalytisch aktiv bleiben. „Die Cobalt-funktionalisierten Gerüstverbindungen kann man als eine Art ‚Präkatalysator‘ bezeichnen. Die Architektur der organische Gerüstkomponente ist eine wichtige Vorstufe, über die sich die spätere Leistungsfähigkeit des Katalysators steuern lässt“, erklärt Lotsch und Tschulik ergänzt: „Mit dem Wissen aus dieser Studie können wir künftig gezielt Katalysatoren aus organischen Gerüstverbindungen und Nanopartikeln herstellen, die deutlich effizienter sind als Metallionen-koordinierende COFs.“
Publikation:
Shedding Light on the Active Species in a Cobalt-Based Covalent Organic Framework for the Electrochemical Oxygen Evolution Reaction
Pouya Hosseini, Andrés Rodríguez-Camargo, Yiqun Jiang, Siyuan Zhang, Christina Scheu,Liang Yao, Bettina V. Lotsch, Kristina Tschulik
https://doi.org/10.1002/advs.202413555
Kontakt:
Prof. Bettina Lotsch
Nanochemistry Department
Max Planck Institut für Festkörperforschung
b.lotsch@fkf.mpg.de